Erfolgreich im Leistungssport und auf dem Weg zum Abi am Fachgymnasium Velgast

Jenny, herzlichen Glückwunsch zunächst dir und deinen Teamkameraden der deutschen Nationalmannschaft zu jeweils 2 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen bei den Europameisterschaften im Drachenbootsport im vergangenen August in Brandenburg.

Dankeschön

Wie fühlt es sich an, zum besten Team innerhalb Europas zu gehören?

Ja ganz toll. Damit haben sich das harte Training – immerhin 6 bis 7mal pro Woche und die Trainingslager mit bis zu 6-maligem Training pro Tag – doch sehr gelohnt.

Das hört sich nach enormem Zeitaufwand an. Du bist 18 Jahre alt und nimmst die wenige Freizeit für deinen Wettkampfsport in Kauf?

Ja, wenn man ganz oben mitkämpfen will, es ist nun mal Leistungssport. Und wenn dann die Bestätigung beim Wettkampf kommt, ist es das ja auch wirklich wert. Das war natürlich zu Beginn anders für mich. Mit 13 Jahren kam ich durch das Funteam zum Drachensport, trainingstechnisch natürlich nicht mit meiner heutigen Situation mehr zu vergleichen. Aber die Sportart hat mich dann immer mehr begeistert. Ich wollte dann mehr, auch international starten und dann ist es halt das Hobby geworden, das ich in meiner Freizeit ausübe.

Du bist auch 5-fache Deutsche Meisterin!

Ja.

Wir stehen hier in Velgast vor deiner Schule, dem Regionalen Beruflichen Bildungszentrum des Landkreises Vorpommern-Rügen. Du hast gerade die 13. Klasse des Fachgymnasiums angefangen. Geht das denn, kannst du dein Training und das Abitur unter einen Hut bekommen?

Ich merke schon seit Beginn der 12. Klasse die höhere schulische Belastung, wenn es um die Kurseinbringung zum Abitur geht. Ich brauche jetzt ein viel strengeres Zeitmanagement. Das sah in der 11. Klasse noch entspannter aus, als zum Teil noch der Stoff der Regionalschule wiederholt wurde.

Du sprichst über normale Fächer wie Mathe, Deutsch, Englisch und Geschichte?

Ja, die allgemeinen Fächer, die man auch bis zur 10. Klasse schon hatte. Nur die beruflichen Fächer waren komplett neu, d.h. man fängt bei null Vorkenntnissen an. Ich habe mich für Wirtschaft entschieden und habe somit Betriebs- und Volkswirtschaftslehre im Leistungskurs und Rechnungswesen und Rechtslehre auf Grundkursniveau. Wenn man sich da von Anfang an reinhängt, kann man dort mit guten Zensuren punkten.

Wo hast du deinen 10. Klasse-Abschluss, also deine Mittlere Reife, gemacht? 

Das war in Barth an der Karl-Liebknecht-Schule.

Und warst du mit deinem Zeugnis am Ende der Regionalschulzeit zufrieden?

Absolut. Ich habe mit 2,0 abgeschlossen.

Jenny, wie müssen wir uns jetzt deinen Schulalltag vorstellen?

Ich stehe wie viele meiner Klassenkameraden morgens um 6 Uhr auf und fahre, seitdem ich die Fahrerlaubnis und ein eigenes Auto besitze, täglich nach Velgast. Ich könnte dort auch im schuleigenen Wohnheim oder in einer WG wohnen, aber durch das Training ließe sich das schlechter vereinbaren. Der Unterricht am FG, also am Fachgymnasium, ist meistens gegen 16 Uhr zu Ende, freitags um 13 Uhr. Zu Hause angekommen setze ich mich in der Regel gleich an die Schularbeiten. Von 18 bis 21 Uhr trainiere ich dann entweder auf dem Wasser oder im Kraftraum.

Das hört sich aber sehr stressig an. Wann machst du Pause? 

Der Sport ist kein Stress für mich. Eigentlich ist er mein Ausgleich zum Lernen. Der Geist kann dann Pause machen, wenn sich die Muskeln anspannen.

Hast du neben deinen sportlichen Zielen auch ein Ziel für`s Abitur im nächsten Jahr?

Ich hoffe, neben dem Training meine schulischen Leistungen halten zu können und strebe einen Abiturdurchschnitt von 2,5 an.

Du bist jetzt in der Abschlussklasse des Fachgymnasiums, d.h. bereits im Januar geht es mit dem Vorabitur in BVL los, im März ist euer letzter Schultag und dann schreibt ihr das Abitur in 4 Fächern und macht in einem die mündliche Prüfung. Was liegt in diesem Schuljahr wettkampftechnisch im Drachenbootsport an?

Zunächst stehen die Qualifikationen zur Weltmeisterschaft 2019 an, d.h. im Oktober, Februar und Mai werden die Tests dafür sein. Falls ich mich qualifizieren kann, fahre ich dann nächsten Sommer zur WM nach Thailand.

Das heißt, dass die bevorstehenden Tests zur Qualifikation in genau die Zeit fallen, in der du Klausuren,  Leistungskontrollen und Prüfungen schreibst.

Ja das stimmt. Die schriftlichen und mündlichen Abiturprüfungen werden sicherlich nochmal eine größere Herausforderung sein, aber ansonsten habe ich, wie übrigens auch ehemalige Velgaster Fachgymnasiasten vor mir, gelernt, Leistungssport und Abitur gleichermaßen zu bewältigen. Eine Vereinskameradin von mir, Doreen Rotaug, hat hier schon 2010 erfolgreich ihr Abitur bestanden und startete damals zeitgleich bei den Deutschen Meisterschaften.

Jenny, hast du durch deinen Leistungssport verbunden mit internationalem Ruhm eine Sonderstellung in deiner Klasse?

Nein, absolut nicht. Andere Mitschüler sind vielleicht nicht sportlich dafür aber sozial engagiert. Bei mir hat sich der Leistungssport ja eher durch den Zufall des Funsports ergeben und gehört jetzt eben zu meinem Leben einfach dazu. Ich mag es, Sport in meiner Freizeit zu treiben und noch dazu im Team. Das ist vielleicht ein gemeinsamer Nenner, den mein Sport und meine Schule gemein haben: im Sport gehören die Trainer und Aktiven zur Mannschaft, hier am FG sind es die Lehrer, die die Schüler coachen, und doch gebührt der Erfolg, also das bestandene Abitur,  dann allen, also der gesamten Mannschaft.

Welche Pläne hast du für die Zeit nach dem Abitur?

Nach dem Abi möchte ich gern nach Hawaii oder Australien und dort Drachenbootsport betreiben. Beide Länder haben eine viel längere Historie im Drachenbootsport und da würde ich gern meine eigenen Erfahrungen sammeln. Danach hoffe ich Sport und Geschichte auf Lehramt studieren zu können und natürlich weiterhin in unserer Region im Drachenbootsport aktiv zu sein. Schließlich kann man noch bis ins höhere Alter diesen Sport treiben. Mein Plan sieht noch eine Teilnahme in der Ü60-Altersgruppe vor. (lacht)

Jenny, wir wünschen dir, dass sich deine sportlichen und beruflichen Pläne erfüllen und bedanken uns herzlich für das Interview.

Sehr gerne.

 

(Interview geführt durch Antje Thiede)