In der Abteilung Sozialwesen (Standort Stralsund) waren am 6. und 7. April die Klassen ERZ 11, ERZ12, ERZ b 91, ENZ 91, ENZ 01 sowie einige interessierte Schüler*innen der ENZ 11 sowie interessierte Lehrkräfte zu Gast bei einer musikalischen Buchlesung, die von der Autorin Claudia Gliemann präsentiert und per Gesang und Gitarre begleitet wurde.
Ihr preisgekröntes Bilderbuch „Papas Seele hat Schnupfen“ erzählt in eindrucksvollen Worten und anrührenden Illustrationen von dem Mädchen Nele, das in der bunten Zirkuswelt aufwächst, weil Ihre Eltern und deren Eltern berühmte Seiltanzakrobaten sind. Doch die lebendige Lebenswelt ist getrübt von der Krankheit ihres Papas, der sich mehr und mehr zurückzieht und schließlich keine Kraft mehr hat, um am Familien- und Zirkusleben teilzuhaben. Die Ereignisse spitzen sich zu und verwirren Nele; sie hat viele Fragen. Die Antworten gibt ihr der „dumme August“, ein kluger Clown und wichtiger Bezugsmensch für Nele, der ihr schließlich anschaulich und feinfühlig verdeutlicht, was es bedeutet, „an der Seele krank zu sein“. Das Buch begleitet Nele, ihren Vater und die Zirkusgemeinschaft auch durch die Abwesenheit des Vaters hindurch. Dieser holt sich Hilfe und lässt sich ambulant behandeln. Schließlich kommt er zurück und knüpft mit kleinen Schritten wieder an das gemeinsame Familien- und Zirkusleben an, wenngleich er nicht mehr aufs Seil geht. Doch es zeigen sich am Ende der Geschichte zarte Hoffnungsschimmer, dass das Leben gut weiter gehen kann, trotz und mit der Diagnose „Depression“.
Viele der teilnehmenden Schüler*innen ergriff die Buchlesung sehr. Die rührende Geschichte birgt für Leser bzw. Zuschauer vielfältigste Parallelen zu teilweise eigenen Erfahrungen und Gefühlen. Die Themen „schwach sein/stark sein“, „Gefühle“, „kindliche Bedürfnisse“ und „scheitern“ sind letztlich Aspekte, die unser persönliches Selbstverständnis und unsere Selbstwahrnehmung massiv beeinflussen. Dies gab den Impuls, das Gespräch zu öffnen und zu hinterfragen, was es mit der Krankheit „Depression“ auf sich hat und inwiefern insbesondere Kinder von betroffenen Eltern auf die Unterstützung von pädagogischen Fachkräften angewiesen sind. Das Anschlussgespräch wurde durch die Expertin Tabea Rath (ProFamilia Stralsund) geleitet, die als erfahrene Familientherapeutin konkret und präzise auf alle gestellten Fragen Antwort geben konnte. Die Kernfrage, wie pädagogische Fachkräfte Kinder betroffener Eltern unterstützen können, führt in der Endkonsequenz zurück auf eine so naheliegende wie essentielle pädagogische Formel:
Stärken Sie die Kinder!
Nehmen Sie alle Kinder so an wie sie sind; denn so wie sie sind, sind sie richtig.
Fördern Sie aktiv die Resilienz der Kinder, bestätigen Sie sie vielfältig in ihrer Selbstwirksamkeit.
Wir danken Frau Gliemann und Frau Rath ganz herzlich für diese besondere und anregende Veranstaltung! Wir danken der Krankenkasse AOK und der Deutschen Depressionsliga e.V. für die großzügige Förderung des Lesereise-Projektes, in dessen Rahmen wir Frau Gliemann zu uns einladen durften. Außerdem danken wir dem Landkreis Vorpommern-Rügen, durch dessen finanzielle Unterstützung wir die Begleitung durch Frau Rath gewährleisten konnten.
Die musikalische Buchlesung mit Claudia Gliemann und die anschließende Gesprächsrunde mit Tabea Rath war eine rundum schöne und zielführende Veranstaltung, die wir gerne erneut im nächsten Schuljahr wiederholen und dann für weitere Klassen anbieten möchten.
Nora Oeser
